Recycling, Kreislaufwirtschaft und Urban Mining
Innenansicht des bestehenden Gebäudes während des Wiederaufbaus im CRCLR 1 © Marlene Hildebrandt 2021

Problem

Die Bauindustrie ist ein besonders ressourcenintensiver Wirtschaftszweig, der viel Energie benötigt sowie große Stoffströme, Transportaufwendungen und Emissionen verursacht. Eine nachhaltige Gesellschaft erfordert nicht zuletzt zirkuläre Wirtschaftsweisen und dies verlangt auch alternative Prozesse im Bauwesen. Wie lassen sich die Stoffströme über den Lebenszyklus eines Gebäudes optimieren und der Anteil an recycelten und wiederverwendbaren Materialien im Bauwesen erhöhen?

Allgemeine Beschreibung

Das Potenzial zur Verwendung wiederverwendeter oder recycelter Baumaterialien wird derzeit weitgehend übersehen und zudem durch rechtliche Vorschriften, vertragliche Bedingungen und ökonomische Rahmenbedingungen erschwert. Dennoch ist die Verwendung von wiederverwendeten oder recycelten Materialien eine wichtige Möglichkeit, die Menge der eingesetzten Ressourcen zu verringern, die Umwelt zu schützen und eine nachhaltige Entwicklung des Bauwesens zu fördern. Recycling bedeutet in der Regel, dass Bauteile in ihre stofflichen Bestandteile zerlegt werden, um diese zu etwas Neuem zu verarbeiten. Dadurch wird aber zumeist die Qualität und der Wert des Materials gemindert (Downcycling). Eine direkte Wieder- oder Weiterverwendung von Bauteilen erfordert in der Regel nur eine geringe Materialbearbeitung vor der Weiternutzung, setzt aber montagefreundliche Konstruktionsweisen und ein Design für Demontage voraus.

Der Verwendung von Materialpässe und der Aufbau von Materialdatenbanken unterstützen die Entwicklung zu einer Kreislaufwirtschaft im Bauwesen. Mit dem Cradle-to-Cradle-Konzept (McDonough, Braungart 2002) wird eine umfassende Umgestaltung der Produktionsweise von (Bau-)Produkten angestrebt, in der alle Materialien in umfassende ökologische oder industrielle Kreislaufprozesse geführt werden, ohne Menschen und deren natürliche Umwelt zu schädigen. Dies erfordert ein ökologisch intelligentes Design aller Produkte und Wertschöpfungsketten. Planungsprinzipien für zirkulär ausgerichtetes Bauen sind (1) Dauerhaftigkeit, (2) Anpassungsfähigkeit, (3) die konsequente Nutzung natürlicher Rohstoffe und Sekundärmaterialien und (4) Rückbaufähigkeit (Theobald 2022, S. 51).

Weiterhin ist es erforderlich, urbane Systeme stärker als bisher als Lager und Quelle für Rohstoffe zu nutzen. Dieses wird als Urban Mining bezeichnet und hierbei wird zwischen anorganischen Ressourcen (z.B. Kieslager oder Metalle) und organischen Ressourcen (z.B. Holz) unterschieden (Baccini 2008). Durch Stoffflussanalysen können die Lager und das Nutzungspotential des regionalen Stoffhaushalts abgeschätzt werden. Urban Mining senkt den primären Ressourcenverbrauch durch den Einsatz von Sekundärrohstoffen und fördert dadurch eine nachhaltige Ressourcennutzung. Somit werden die Lebensgrundlagen Boden, Wasser und Luft geschützt (Hillebrandt et al. 2018, S. 10).

Beispiele

Das CRCLR-Haus in Berlin setzt die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft in die Praxis um: Abfallvermeidung, Materialverwendung und Regeneration natürlicher Systeme. Beim Um- und Ausbau werden Bauteile wiederverwendet und noch funktionstüchtige Baumaterialien vor der Entsorgung bewahrt. 

Das Ziel des Circle House in Dänemark, Lisbjerg, ist, dass 90 % der Baumaterialien ohne nennenswerten Wertverlust wiederverwendet werden können. Um die Wiederverwendbarkeit zu verbessern, ist das Bausystem auf wenige unterschiedliche Elemente beschränkt: zwei Größen von Wandelementen und zwei Längen von Balken und Deckenelementen.

Fensterelemente zur Wiederverwendung in CRCLR © Marlene Hildebrandt 2021

Erkenntnisse und Synergien

Um Baumaterialien besser wiederverwenden zu können, sind einerseits planerische Vorkehrungen für ein besseres Recycling von Baumaterialien und komplette Bauteile zu treffen. Dafür sind schon bei der Planung Konzepte für die Demontage zu berücksichtigen sowie die Erstellung eines digitalen Materialpasses, der Informationen über die Zusammensetzung von Gebäuden und den Zustand der Materialien enthält. Es sollte darauf geachtet werden, dass Bauteile und Konstruktionen mit Materialien unterschiedlicher Lebensdauer leicht getrennt werden können. Das Bauen mit gesunden, nachwachsenden Materialien sowie das Identifizieren und Integrieren bereits vorhandener Materialien ist für die Ressourcenschonung unerlässlich.

Andererseits bedarf es in der Bauwirtschaft geeigneten Rahmenbedingungen zu einer auch ökonomisch konkurrenzfähigen Wieder- oder Weiterverwendung. Hierfür sind hinreichend große Materialdepots und -märkte aufzubauen sowie eine Anpassung haftungsrechtlicher Regelungen, um die Wieder- oder Weiterverwendungsquote signifikant zu erhöhen.

Quellen

Baccini, Peter (2008). Zukünfte urbanen Lebens mit Altlasten. In: Gleich, Arnim von / Stefan Gößling-Reisemann (Hrsg.) (2008): Industrial Ecology – Erfolgreiche Wege zu nachhaltigen industriellen Systemen. S. 218 – 237.

GXN (2018). Circle House – Denmark’s first circular housing project. 1st edition. 

Hebel et al. (2014). Building from Waste. Berlin, Boston: Birkhäuser.

Hobbs, Gilli; Adams, Katherine. (2017). Reuse of building products and materials – barriers and opportunities. International HISER Conference on Advances in Recycling and Management of Construction and Demolition Waste. Delft University of Technology, Delft, The Netherlands. Abgerufen am 13.03.2021 von https://www.bamb2020.eu/wp-content/uploads/2017/07/Reuse-of-building-products-and-materials-barriers-and-opportunities.pdf 

Kralj, Davorin. (2008). Building Materials Reuse and Recycle. University of Primorska, Slovenia, 5(4).  

McDonough, William; Braungart, Michael (2002): Cradle to cradle: remaking the way we make things. Theobald, Jil Ann (2022): Zirkuläres Bauen: Relevanz und Umsetzung. Masterarbeit FH Potsdam