Grauwassernutzung
Grauwasserrecycling mit Wärmerückgewinnung im Haus am Arminplatz in Berlin 1 © Michael Prytula 2021

Problem

Die Kreislaufwirtschaft beginnt im Haushalt. Für vielfältige Wassernutzungen im Haushalt, wie Toilettenspülung, Gartenbewässerung und Reinigungszwecke wird zumeist Trinkwasser in hoher Qualität eingesetzt, was aber nicht erforderliche wäre, wenn andere Formen an Brauch- oder Betriebswasser zur Verfügung stünden. Welche hygienisch unbedenklichen und umweltverträglichen Möglichkeiten bestehen, um Trinkwasser und damit auch Geld einzusparen? Für welche Einsatzbereiche lohnt sich dieses Verfahren und welche Synergien, z.B. zur Energieeinsparung, sind durch eine Grauwassernutzung noch möglich?

Allgemeine Beschreibung

Grauwasser ist leicht verschmutztes Wasser aus der Dusche, Badewanne, Handwaschbecken oder der Waschmaschine. Dieses Wasser ist prinzipiell zur Aufbereitung und Weiterverwendung geeignet. In der Regel wird das Grauwasser in einem biologisch-mechanischen Prozess gefiltert. Das so gewonnene Prozesswasser ist hygienisch unbedenklich und kann für Toilettenspülung, Bewässerung, Wäschewaschen und gewerbliche Zwecke verwendet werden. Grauwasser kann mit verschiedenen mechanischen, physikalischen oder biologischen Verfahren ohne chemische Zusätze aufbereitet werden. Der erste Schritt einer vierstufigen biologisch-mechanischen Aufbereitung ist die Vorfiltration. Das Grauwasser strömt durch einen Filter in den ersten Tank, wo das Wasser vorgereinigt wird und in den zweiten Tank gepumpt wird. In beiden Tanks wird das Wasser durch die Zufuhr von Sauerstoff biologisch gereinigt. Dabei siedeln sich Mikroorganismen auf frei schwebenden Schaumkörpern an und reinigen das Wasser. Dabei entstehen Sedimente und setzen sich in den Tanks ab. Sie werden automatisch abgesaugt und in die Kanalisation abgeleitet. Das Wasser wird mit einer UV-Licht-Desinfektion desinfiziert und anschließend in den dritten Tank gepumpt. Das Wasser ist nun hochgradig unbedenklich und zur weiteren Verwendung bereit. Eine biologische Wasserreinigung ist auch mit naturnahen Lösungen wie Pflanzenfiltern, Schilfbepflanzung, Muscheln oder Splittbeeten möglich. Bei der häuslichen Grauwassernutzung kann durch Regenwasser ergänzt werden.

Aufbereitetes Grauwasser kann auch zur Nutzung für urbane Landwirtschaft eingesetzt werden, wie im Forschungsprojekt Roofwaterfarm nachgewiesen wurde (Million et al. 2018 b, S. 33 ff; König 2018). Darüber hinaus kann durch eine Systemkopplung von Wasser- und Energierecycling  gleichzeitig Trinkwasser, Abwasser und Wärmeenergie eingespart werden ohne ein hygienisches Risiko oder Komfortverlust für die Hausbewohner (Nolde 2013, König 2019). Am Beispiel des Berliner „Passivhaus am Arnimplatz“ konnte die Abwärmerückgewinnung aus dem Grauwasser auch ökonomisch tragfähig nachgewiesen werden. Da moderne Passivhäusern nur noch wenig Heizenergie für Raumwärme brauchen, wird die meiste Wärmeenergie für die Warmwasserbereitstellung benötigt. Nach dem Gebrauch wird das warme und meist gering verschmutzte Grauwasser ungenutzt in die Kanalisation eingeleitet. Das durch einen Wärmetauscher vom Grauwasser vorgewärmte Dusch- oder Badewasser wird in einer weiteren Stufe durch konventionelle Wärmetauscher in Verbindung mit einer Solaranlage oder einem Heizkessel auf ca. 60°C Endtemperatur erhitzt und erfüllt so alle hygienischen Anforderungen (Schutz vor Legionellen) (Nolde 2013).

Beispiele

“Die ufaFabrik Berlin nutzt vor Ort gefiltertes Grauwasser für die Toilettenspülung. Die ufaFabrik benötigt pro Jahr etwa 3.000 Kubikmeter Brauchwasser für die Toilettenspülung und zur Grünflächenbewässerung. Vor Einrichtung der Regenwassernutzung stand hierfür nur kostbares, durch die Wasserwerke aufwändig gereinigtes Trinkwasser zur Verfügung. Seit Anfang der 90er Jahre fließt das Regenwasser von ca. 8000 qm Dachflächen, asphaltierten Wegen und Plätzen durch die Kanalisation in den Wasserspeicher, der früher das Wasserwerk der Filmbetriebe beherbergte. Die technischen Anlagen des Wasserwerkes wurden entfernt und die Wände mit Wasserglas gegen Verdunstung und Sickerverluste abgedichtet. Im Winter 1997/98 erhielt der Brauchwasserspeicher eine neue Deckenkonstruktion. Bei einem durchschnittlichen jährlichen Niederschlag von etwa 500 mm lassen sich rein rechnerisch von 8.000 qm Fläche pro Jahr 4000 Kubikmeter Regenwasser auffangen – genug für den Brauchwasserbedarf der ufaFabrik. In einem Absetzbecken sinken Steine, Sand und Schlamm zu Boden, schwimmende Partikel wie Laub, Papier und Holz werden beim Überlaufen in das zweite Becken durch Kies auf der Trennwand aufgefangen. Das grob gereinigte Wasser wird nach Bedarf in den Pflanzen/Bodenfilter gepumpt und dort gefiltert. Hier entzieht ihm das Substrat aus feinem Blähschiefer die restlichen Schwebeteile. Bodenorganismen an den Wurzeln von Schilf, Binsen, Wasserlilien und Rohrkolben wandeln weitere Verunreinigungen in Mineralstoffe um, die die Pflanzen als Dünger aufnehmen. Durch diese Aufbereitung wird fast Trinkwasserqualität erreicht. Eine unter dem Bodenfilter gelegene Zisterne speichert das Brauchwasser und eine Druckerhöhungsanlage verteilt es auf die Gebäude“ (ufaFabrik o.J.).

Erkenntnisse und Synergien

Leicht verschmutztes Grauwasser wird bisher zumeist über die Kanalisation den Kläranlagen zugeführt, könnte aber in geschlossenen Kreisläufen vor Ort zirkulieren, was ökologisch und ökonomisch nachhaltiger ist. Naturbasierte Lösungen wie Pflanzenkläranlagen oder belüftete Festbettanlagen sind kostengünstig, bieten Umweltvorteile und sind generell resilienter, beanspruchen aber auch mehr Freiflächen, was in dichten städtischen Räumen zu Zielkonflikten führt (König 2018, S. 49). Die Grauwasseraufbereitung spart nicht nur Trinkwasser, sondern reduziert auch Abwasserkosten und durch den Einsatz von Wärmetauschern kann die Restwärme des Grauwasser eingesetzt werden, um Heizenergie zu sparen. Für einen einwandfreien Anlagenbetrieb insbesondere bei komplexen Systemkopplungen ist ein intelligentes Monitoring erforderlich.

Architekten und Bauherren wird empfohlen, bei Neubau oder Sanierungen stets ein zweites Leitungsnetz zur Grauwassererfassung und Betriebswassernutzung vorzusehen, um  in Verbindung mit einer Grauwasserrecyclinganlage und einer vorgeschalteten Wärmerückgewinnung, Stoffströme zu optimieren und Betriebskosten zu sparen (Nolde 2013, S. 42). Insbesondere in größeren Hotelanlagen lohnt sich die Grauwassernutzung. Bei kleinen Grauwasseranlagen können jedoch die jährlichen Wartungskosten eine wirtschaftliche Nutzung konterkarieren.

Quellen

König, Klaus W. (2018): Aquaponik in Berlin nutzt Grauwasser. Häusliches Abwasser als Ressource. In: TGA Fachplaner  Plus, 5/2018, S. 46-50. Abgerufen am 23.02.2022 von https://www.klauswkoenig.de/images/Grauwasser/aquaponik_bauen+.pdf

König, Klaus W. (2019): Kläranlage und Geldanlage? Häusliches Grauwasser: Wer Wärme zurückholt, erhält Subventionen. In: Bauen Plus, 4/2019, S. 38-42. Abgerufen am 23.02.2022 von https://klauswkoenig.de/images/waermerueckgewinnung/kl%C3%A4ranlage_bauen+.pdf

Million et al. (ed.) (2018 b): ROOF WATER-FARM – Urbanes Wasser für urbane Landschaft. Universitätsverlag der TU Berlin: Berlin. https://depositonce.tu-berlin.de/bitstream/11303/7413/3/roof_water-farm.pdf

Nolde, Erwin (2013): Dezentrale Abwasserwärmerückgewinnung in Kombination mit einer Grauwasserrecyclinganlage. Abschlussbericht eines  Forschungsprojekts gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt, Osnabrück. DBU Projekt AZ 28201. Abgerufen am 23.02.2022 von https://www.dbu.de/OPAC/ab/DBU-Abschlussbericht-AZ-28201.pdf

ufaFabrik e.V. (o.J.): Trinkwasser – zum Spülen zu kostbar. Abgerufen am 25.05.2022 von https://www.ufafabrik.de/de/10559/trinkwasser-zum-spulen-zu-kostbar.html